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nach: Andreas Englisch „Johannes Paul II. - Das Geheimnis des Karol Wojtyla“ (S. 200 ff.)
Dieses Anspiel wurde von Christoph B. eingesendet. Es wurde in einem Jugendgottesdienst im Rahmen der Firmvorbereitung verwendet. Die Textvorlage stammt aus dem Buch "Johannes Paul II." von Andreas Englisch und bietet bei genauerer Betrachtung und Analyse reichlich Gesprächsstoff, Ansätze für Predigt, Fürbitten etc. Das Anspiel kam gleich zu Beginn des Gottesdienstes. Begonnen wurde nach "stillem Einzug" mit dem "Ruf zum Gebet" der Muslime (die entsprechende Musikkonserve findet man im Internet als *.mp3 - oder auf der CD "Anthology of Chants"). Mit einem Overheadprojektor wurden Bilder passend zum Text von der Mosche und dem Vatikan, von Papst und Tantawi an die Wand projiziert.
Erzähler 1: | Johannes Paul II. beabsichtigte während seiner 90. Auslandsreise als erster Papst der Geschichte in die Höhle des Löwen gehen: In die wichtigste Hochschule der moslemischen Welt, die ehrwürdige Al - Azhar -Universität in Kairo. Dort wollte er eine Grundsatzerklärung zum Verzicht auf Gewalt aushandeln. |
Erzähler 2: | Unter den enormen Lampen der Halle, die den herrlichen blau gekachelten Raum ausleuchteten, herrschte bei den schweigend wartenden Hochschullehrern der Universität ein nahezu ungläubiges Staunen darüber, dass tatsächlich der römisch-katholische Papst das Zentrum des sunnitischen Islam betreten sollte. Das geistige Zentrum für 900 Millionen Moslems auf der Welt. |
Erzähler 1: | Die Würde der Institution ist zumindest teilweise vergleichbar mit dem Vatikan. Alle bedeutenden Lehrentscheidungen für katholische Christen kommen aus dem Vatikan. Alle grundsätzlichen theologischen Entscheidungen für die Sunniten kommen aus der Al-Azhar-Hochschule. |
Erzähler 2: | In den eintausend Jahren seit der Gründung der Moschee und der Hochschule, die etwa 300 Jahre nach dem Tod Mohammeds am 8. Juni 632 entstand, hätte ein Papst fast nie eine Chance gehabt, aus der Hochschule lebend herauszukommen. |
Erzähler 1: | Wie viele Kriege hatten sich doch moslemische Truppen und Soldaten katholischer Könige auf Wunsch der Päpste geliefert? Wie unerbittlich hatten sich die Religionen gegenseitig bekämpft, verfolgt und verspottet? Es sei beispielhaft erinnert, an den Morgen des 7. Oktober 1571. Keine Seeschlacht, nicht einmal während des verheerenden zweiten Weltkrieges, reicht an das Gemetzel heran, das sich päpstliche und moslemische Truppen in der griechischen Meerenge bei Lepanto lieferten. Insgesamt fast 40.000 Tote und 20.000 Verletzte wurden verbucht. |
Erzähler 2: | Initiator war kein geringerer als der später sogar Heilig-Gesprochene Papst Pius V. Als er von dem siegreichen Ausgang erfuhr, und das auf christlicher Seite nur etwa 7.500 Tote zu beklagen seien, betete er öffentlich zur Jungfrau vom Rosenkranz, die diesen Sieg möglich gemacht hätte, und sprach vom ‚Triumph der Christenheit’. Und jetzt war ein Papst dabei, die lange Geschichte des Hasses mit einer Geste des Friedens für immer zu beenden. |
Erzähler 1: | Karol Wojtyla aus dem kleinen Örtchen Wadowice in Polen, ganz in der Nähe des mit trauriger Berühmtheit behafteten Auschwitz, war es vorbestimmt, als Papst Johannes Paul II. in das Hauptquartier des Islams zu schreiten, als Gast muslimischer Oberhäupter, die seine Vorgänger für ihre schlimmsten Feinde gehalten hatten. |
Erzähler 2: | Großscheich Tantawi begrüßte den Papst in der Eingangshalle. Der Papst sagte leise: |
Papst: | „As Salamu alaikum.“ |
Erzähler 2: | Das heißt: ‚Der Friede sei mit dir!’ Dann gaben beide Männer sich höflich die Hand. Großscheich Tantawi stützte den Papst, als sie die Treppe hinauf durch die enormen Hallen der Hochschule gingen, bis zu einem prächtigen Saal des Rektors der Universität, wo Tantawi neben dem Papst Platz nahm. |
Erzähler 1: | Was würde nun passieren? Wie schließen die beiden am
meisten verbreiteten Religionen der Welt nach mehr als tausend
Jahren Krieg Frieden? Was werden die ersten Worte sein? Was sagt
man sich, nachdem man sich über Jahrhunderte gegenseitig
abgemetzelt hat? Tantawi sprach zuerst: |
Tantawi: | „Heiliger Vater, wir müssen uns zunächst auf Grundsätze einigen. Wenn wir uns im Grundsätzlichen einig sind, dann können Mitarbeiter die Einzelheiten im gemeinsamen vatikanisch-islamischen Rat klären.“ |
Erzähler 1: | Der Papst nickte nur. Dann sagte Tantawi: |
Tantawi: | „Der erste Grundsatz muss sein, dass alle Menschen von einem Mann und einer Frau abstammen.“ |
Papst: | „Ja, ich bin einverstanden. Alle Menschen stammen von einem Mann und einer Frau ab, Adam und Eva.“ |
Tantawi: | „Gottes Willen muss immer und unter allen Umständen entsprochen werden.“ |
Papst: | (nickt) „Ja, das ist so.“ |
Tantawi: | „Gott hat sich den Menschen offenbart.“ |
Papst: | (nickt) |
Tantawi: | (fügt hinzu) „Für den Islam steht die Jungfräulichkeit Marias außer Frage. Gott ist groß genug, so ein Wunder zu wirken.“ |
Papst: | (nickt, sichtlich erfreut) „Ich möchte den einen einzigen Grundsatz vorschlagen: ‚Böses zu tun, zur Gewalt aufzurufen und Streit und Zusammenstösse im Namen der Religion zu provozieren, ist eine schwere Beleidigung Gottes.’ – Können wir uns darauf einigen?“ |
Tantawi: | (ohne zu zögern) „Ja. Wir werden gemeinsam eine Grundsatzschrift aufsetzen und dieses Prinzip aufnehmen. Ich bin einverstanden.“ |
Papst: | (sichtlich zufrieden) „Gut.“ |
Tantawi: | „Wir können nicht verschweigen, dass wir uns in einem Punkt niemals werden einigen können: Jesus von Nazareth war sicherlich ein großer Prophet, aber er kann nicht der Sohn Gottes gewesen sein.“ |
Papst: | „Wir müssen uns nicht in allen Punkten einig sein.“ |
Erzähler 2: | Damit war der historische Besuch auch schon zu Ende. Ein praktisches Ergebnis hat niemand erwartet. |
(Es war ein großer Erfolg, die gemeinsame Erklärung zum Gewaltverzicht im Namen Gottes mit den Sunniten zu erreichen. Die wichtigste islamische Autorität in theologischen Fragen hatte ein für allemal erklärt, dass Gewalt nicht im Namen Gottes angewandt werden darf. Die Diskussion um die Rechtmäßigkeit von Attentaten oder kriegerischen Aktionen im Namen Gottes war damit beendet.)
Es sind Gesten, die eine Trendwende auslösen. Umkehr und Versöhnung beginnt mit kleinen Schritten.
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