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Gäbe es übergreifende, allgemeingültige Zensuren für die Physis und die Psyche von Kindern und Jugendlichen in Deutschland könnten diese aktuell so aussehen:
Für kognitive Fähigkeiten eine 1 oder eine 2
Für motorische Fähigkeiten eine 5 oder eine 6
Das erscheint vielleicht etwas überspitzt, doch in der Realität zeigen sich bei Kindern und Jugendlichen immer mehr Mängel bezüglich der motorischen Fähigkeiten und dies nicht erst seit gestern. Wissenschaftlich untermauert wird diese Behauptung von mehreren Studien. So zum Beispiel durch eine Längsschnittstudie an 30 Leipziger Grundschulen der Schuljahre 2014 bis 2018. An dieser Studie nahmen 579 Mädchen und 561 Jungen teil. Das Fazit aus der vierjährigen Studie ist mehr als ernüchternd und wird durch andere Untersuchungen bestätigt. Von 100 % der drei- bis sechsjährigen Kinder sind nicht einmal die Hälfte (46 %) in der Lage, die gesundheitsbezogenen Bewegungsempfehlungen der WHO zu erfüllen.
Bewegungsspiele: Ballspiele
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Rückwärts zu laufen oder zu balancieren fällt heute vielen Kindern schwer. Aber auch Ausdauer, Kraft und Beweglichkeit sind bei den meisten Kindern nicht auf dem Niveau, das der Gesundheit dienlich ist. Bereits im Jahr 2012 wurde festgestellt, dass 7 % der Sieben- bis Zehnjährigen Kinder über Rückenschmerzen klagen. Die Folge einer unterentwickelten Rückenmuskulatur.
Nun stellt sich natürlich die Frage, ob dies denn schon immer so war oder es den heutigen Lebensumständen zu verdanken ist. Das Problem ist, das wirklich aussagekräftige Studien zur Motorik von Kindern und Jugendlichen noch nicht so lange bestehen. Erst etwa ab den 1980er-Jahren begann die Forschung sich mit dem Thema intensiver auseinanderzusetzen. Die Vermutung liegt nahe, das dies mit dem Einläuten des digitalen Zeitalters (ab etwa 1981) zusammenhängt. Immer mehr Computer fanden sich in den Wohnungen und ebenso immer mehr Bildschirmarbeitsplätze in den Behörden und Unternehmen.
Das Jahr 1981 war in Deutschland aber auch der Zeitpunkt, als die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender ARD und ZDF von privater Seite Konkurrenz bekamen. Statt 2 Kanälen mit beschränkten Sendezeiten standen schnell über 30 Kanäle rund um die Uhr zur Verfügung. Nur etwa ein Jahrzehnt später begann die zunächst langsame Verbreitung von Handys mit Mehrfachfunktion, die mit dem 2007 erstmals erschienenen iPhone einen Design-Höhepunkt erreichte, der bis heute Bestand hat. Inzwischen sind Smartphones in dieser typischen Form das meistverkaufte technische Gerät der Welt. Rund um den Globus sind fast 4 Milliarden Mobiltelefone dieser Art in Umlauf und ein nicht geringer Teil davon in Kinderhänden.
Wenn von üblichen Verdächtigen die Rede ist, dann meinen die meisten Menschen natürlich den Fernseher, Laptop oder PC und das Smartphone. Bezogen allein auf die Geräte lautet die Antwort eindeutig Ja.
Schon im Jahr 2003, also noch vor dem Run auf Smartphones, zeigte eine Studie auf, das der Großteil der 7- bis 10 jährigen Kinder (rund 60 %) täglich mehr als 2 Stunden vor dem Fernseher verbrachten. Heute, im Jahr 2022, besitzen 54 % aller 10 bis 11 Jahre alten Kinder in Deutschland ein Smartphone. Bei den 13-jährigen Kindern sind es 73 %.
Noch einmal ein Sprung zurück in das Jahr 2003 und der Studie zur Fernsehzeit von Kindern. In dieser Studie wurde auch ein Vergleich zwischen den motorischen Fähigkeiten von Kindern und deren Fernsehzeit angestellt. Die Sachlage war eindeutig. Kinder, die mehr als zwei Stunden vor dem Fernseher verbrachten, besaßen eine weit schwächer ausgeprägte Motorik als Kinder mit einem Fernsehkonsum unter einer Stunde.
Kinderärzte sind durch Smartphone-Nutzung alarmiert
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Heute teilen sich der Fernseher und das Smartphone die Aufmerksamkeit der Kinder, wobei das Smartphone den „Vorteil“ besitzt, überallhin mitgenommen zu werden, wobei etwa 80 % der Kinder und Jugendlichen nicht nur ein Smartphone, sondern auch noch einen Tarif mit mobilem Internetzugang besitzen.
Als die Krankenkasse pronova BKK im Jahr 2019 eine Umfrage unter 100 niedergelassenen Kinderärzten startete, ob sich bestimmte Krankheitssymptome auf übermäßigen Medienkonsum durch Kinder und Jugendlichen zurückführen ließe, führten 90 % der Kinderärzte die Verstärkung bestimmter Symptome darauf zurück. Im Detail kam es zu folgenden Aussagen:
Verstärkung sozialer Auffälligkeiten 79 %
Verstärktes Übergewicht 75 %
Sprachentwicklungsstörungen 70 %
Motorische Defizite 66 %
Lernentwicklungsstörungen 59 %
Auf Ferienlager auf Handy uns Smartphone für 14 Tage zu verzichten ist ja schon fast undenkbar – aber möglich. Es bietet den Jugendlichen eine Alternative einmal die reale Welt kennen zu lernen, soziale Kontakte aufzubauen und keine Möglichkeit sich in eine irreale Welt zu flüchten bzw. zurück zu ziehen.
Kaum eine andere Errungenschaft der modernen Technik hat das Leben von Kindern und Jugendlichen so verändert, wie das Internet. Und hier sind es insbesondere die sozialen Netzwerke wie Facebook, welche den Alltag vieler Jugendlicher nahezu komplett bestimmen.
Über die Abhängigkeit und Smartphonesucht nachgedacht und ein Versuch für die Jugendgruppe. Es ist wirklich schwierig für die Kids sich mal für 1-2 Stunden vom Smartphone zu trennen. Wieviel schwieriger ist es, wenn auf einem Ferienlager das Smartphone zuhause bleiben muss. Für manche ein Grund schon gar nicht an der Freizeit teilzunehmen.
Darüber hinaus stellten 82 % der Kinderärzte eine auf zu häufige Mediennutzung zurückzuführende Isolation ihrer jungen Patienten fest und 90 % waren der Meinung, dass die Tragweite der physischen wie psychischen Schäden durch die verstärkte Mediennutzung noch gar nicht abzuschätzen sei.
Zugegebenermaßen ist eine Umfrage keine wissenschaftlich fundierte Studie. Doch wenn von 100 Kinderärzten 90 aussagen, das sie in ihrem Praxisbetrieb die oben angeführten Defizite bemerken, so besitzt das doch weit mehr Beweiskraft als etwa irgendwelche auf Vermutungen basierenden Behauptungen.
In der Theorie ist es einfach; die Mediennutzung der Kinder einschränken. In der Praxis jedoch erweist sich dies als sehr schwierig. Ein Problem besteht zum Beispiel darin, das die Zusammenhänge von Medienkonsum und schwach ausgeprägten motorischen Fähigkeiten überwiegend in den unteren sozialen Schichten zu finden sind. Je besser eine Familie finanziell gestellt ist, desto weniger motorische Auffälligkeiten gibt es bei deren Kinder. Zugleich sind ärmere Familien weniger zugänglich für wissenschaftlich fundierte Ratschläge. Das hängt übrigens nicht mit unterschiedlichen Sportmöglichkeiten zusammen. Um motorische Fähigkeiten zu erlernen und zu üben, genügen bei Kindern schon die ausreichend vorhanden Spielplätze oder auch eine Spielstraße. Es hängt auch nicht mit der beruflichen Situation der Erziehungsberechtigten zusammen. Es bestehen praktisch keine Unterschiede zwischen Doppelverdienern, Einzelverdienern oder auch Alleinerziehenden sowie Familien mit einem oder mehrerer Kinder.
Leider zeigt sich in dieser Beziehung ein fataler Trend. Die Anzahl an von Armut gefährdeten oder bereits in Armut befindlichen Haushalten steigt in Deutschland Jahr für Jahr. Die Corona-Pandemie sowie die durch den Ukraine-Krieg ausgelöste Inflation beschleunigen diesen Trend. In der Folge müssen sich schon heute die Kassen, Krankenhäuser und die Ärzte um eigentlich vermeidbare Krankheiten von Kindern kümmern, wobei sich ein Teil der Erkrankungen auch noch im Erwachsenenalter fortsetzt. So sind übergewichtige Kinder oft auch als Erwachsene übergewichtig. Kindliche Rückgratverkrümmungen aufgrund schwacher Rückenmuskulatur bleiben auch für Erwachsene ein Dauerproblem.
Zusammengefasst lässt sich für die nahe Zukunft vermuten, das einerseits aufgrund der Demografie die altersbedingten Krankheiten stark zunehmen und andrerseits ebenso die Kinderkrankheiten aufgrund übertriebenem Medienkonsum mit Folgen für das Erwachsenenleben. Es ist nicht schwer, daraus die These abzuleiten, dass die Krankenkassen das bald nicht mehr stemmen können.
Quellen:
Dezember 2022
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