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Da Minderjährige noch keine vollständige Verantwortung für sich selbst tragen können, unterliegen sie einer Aufsichtspflicht, welche meist durch die Eltern durchgeführt werden muss. Die Pflicht zur Aufsicht ist in § 832 Abs. 1 BGB festgeschrieben, sie bildet einen Teil der sogenannten „elterlichen Sorge“. Um die Aufsichtspflicht besser verstehen zu können, muss zunächst ein Augenmerk auf die elterliche Sorge gelegt werden.
Der Rechtsbegriff der elterlichen Sorge entstammt dem deutschen Familienrecht. Dieses wurde letztmals im Jahr 1980 reformiert – in diesem Zuge wurde auch der bis dato gültige Begriff „elterliche Gewalt“ durch die neue Bezeichnung „elterliche Sorge“ ersetzt.
Grundsätzlich obliegt die elterliche Sorge Vater und Mutter des Kindes. Dabei umfasst die elterliche Sorge sowohl die Sorge für die Person des Kindes als auch für das Vermögen. Etwas schwieriger wird es, wenn die Eltern bei der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet sind bzw. waren. In diesem Fall umfasst die elterliche Sorge nur dann Vater und Mutter gemeinsam, wenn diese eine „förmliche Willenserklärung zur gemeinsamen Ausübung der elterlichen Sorge“ abgeben, oder wenn ihnen ein Familiengericht die gemeinsame elterliche Sorge zuspricht. Gleiches gilt, wenn die Eltern nach der Geburt des Kindes heiraten.
Eines der Teilgebiete der elterlichen Sorge ist die Aufsichtspflicht. Sie besagt, dass Eltern ihre Kinder stets in angemessenem Maße zu beaufsichtigen haben, so dass Gefahren möglichst frühzeitig abgewendet werden können. Tun sie das nicht, können sie wegen der Verletzung ihrer Aufsichtspflicht rechtlich belangt werden.
Dies gilt übrigens nicht nur für die Eltern, sondern vor auch für alle anderen Personen, die - zumindest zeitweise - eine Aufsichtspflicht für das jeweilige Kind erfüllen müssen. Man denke dabei beispielsweise ein Jugendleiter bzw. Betreuer von Jugendgruppen, insbesondere im Hinblick auf Ausflüge, Ferienlager oder andere Gruppenaktivitäten im Freien.
Die Einhaltung der gesetzlich geforderten Aufsichtspflicht ist für Jugendbetreuer und Gruppenleiter ein sehr schwieriges Thema. Dies gilt vor allem deshalb, da hier nicht nur ein einzelnes Kind zu beaufsichtigen ist, sondern eine ganze Gruppe Minderjähriger. Pessimisten sagen: Der Jugendleiter steht stets mit einem Bein im Gefängnis. So extrem ist es sicherlich noch nicht, doch etliche Urteile zeigen, dass die Aufsichtspflicht von allen, die in der Jugendarbeit tätig sind, sehr Ernst genommen werden sollte.
Wir haben drei Urteile exemplarisch untersucht und fassen diese in den folgenden Abschnitten so verständlich wie möglich zusammen.
In dem hier vorliegenden Urteil geht es um ein Ferienlager mit 11 bis 15 Jahre alten Kindern und Jugendlichen. Es bezieht sich insbesondere auf die Gefahren, die vom Baden in einem nahegelegenen See ausgehen. Die Richter am OLG Hamm stellten diesbezüglich fest:
Kinder und Jugendliche im Alter von 11 bis 15 Jahren, die an einer Ferienfreizeit auf einem Campingplatz teilnehmen, müssen weder auf Schritt und Tritt überwacht noch regelmäßig kontrolliert werden, wie es beispielsweise bei Kleinkindern der Fall ist. Sofern die Kinder normal entwickelt sind, kann das Spielen im Freien auch ohne Aufsicht in einem räumlichen begrenzten Bereich gestattet werden. Schließlich gehöre es für Kinder auch zum Spielen, Neuland zu entdecken und anschließend zu erobern. Sofern kein akuter Anlass zu einer besonderen Vorsorge besteht, muss es bei Kindern und Jugendlichen der genannten Altersstufen genügen, dass der Aufsichtspflichtige sich über die Aktivitäten in groben Zügen einen Überblick verschafft.
Weiherhin stellten die Richter fest, dass die Betreuer einer solchen Ferienfreizeit ihrer Aufsichtspflicht genügen, wenn sie es den Jugendlichen erlauben, nach vorheriger Abmeldung in kleinen Gruppen das Camping-Gelände zu verlassen. Dabei ist es angemessen, dass sie spätestens um 22:00 Uhr zurück sein müssen. Es ging im betreffenden Prozess außerdem darum, ob den Jugendlichen das Baden in einem nahe gelegenen Gelände eines Yachthafens explizit verboten werden muss, wenn auf dem betreffenden Campingplatz ebenfalls eine Bademöglichkeit zur Verfügung steht und die Betreuer nicht damit rechnen konnten, dass die Jugendlichen den angesprochenen Yachthafen aufsuchen und sich dort spontan zum Baden entschließen könnten. Die Richter kamen zu der Ansicht, dass ein Verbot in diesem Fall nicht explizit ausgesprochen werden muss.
Immer wieder machen Jugendgruppen – insbesondere bei kleineren Kindern – auch einen Abstecher auf den nahe gelegenen Kinderspielplatz und lassen dem Spieltrieb der Kleinen dort freien Lauf. Dabei befinden sich auf vielen Spielplätzen auch spezielle Karussells, auf die sich die Kinder setzen und das Gerät dann durch Anschieben mit den Füßen in Bewegung setzen.
Vor Gericht wurde die Frage verhandelt, ob es sich bei solchen Karussells um gefährliche Spielgeräte handelt, bei denen stets ein Betreuer in direkter Nähe anwesend sein muss. Die Richter kamen zu der Ansicht, dass es sich hierbei nicht um ein gefährliches Spielgerät handelt und somit auch nicht die Verpflichtung besteht, die Kinder ständig zu beaufsichtigen.
Die Frage, welche das Gericht hier zu klären hatte, war: Reicht es aus, einem Jugendlichen im Rahmen eines auswärtigen Sportturniers ein striktes Alkoholverbot zu erteilen? Oder muss dieses Verbot vom Betreuer auch ständig kontrolliert werden.
Die Richter am OLG Hamm kamen zu der eindeutigen Ansicht, dass ein ausgesprochenes Verbot allein keineswegs ausreicht. Ein Betreuer handelt grob fahrlässig, wenn er das Verbot nicht in regelmäßigen Abständen kontrolliert. In dem zugrunde liegenden Fall forderten die Eltern Schadenersatz vom Betreuer nach einem Alkoholexzess ihrer Tochter im Rahmen eines auswärtigen Sportturniers und bekamen diesen auch vom Gericht zugesprochen.
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