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In der dritten Einheit könnte ich euch alles möglich über das Theater erzählen, darauf verweisen, das ein Schauspieler alles an Talenten mitbringen muss, wie hoch die Anforderungen sind und vieles mehr. Allerdings wäre das viel zu langweilig.
Stattdessen habe ich diese Einheit voller Übungen und Spiele gepackt, die den eignen Körper vielleicht neu entdecken lassen.
Körperwahrnehmung, Vertrauen, Kooperation
unterschiedliche Theaterübungen und Spiele
Bei den Zielen habe ich jetzt bewusst das „Auspowern“ weggelassen, doch es kommt spätestens beim Roboterspiel am Schluss als Faktor hinzu. Dafür sind die Übungen im Vorfeld ruhig und erfordern einiges an Konzentration.
Beginnen wir von vorn: nach ein, zwei Aufwärmübungen (Ozeanwelle, Pferderennen, Obstsalat)1 erklärt ihr der Gruppe das weitere Vorgehen, sodass diese informiert ist und sich auf die Übungen einstellen können. Bei jüngeren Teilnehmern, die von Natur aus einen gesunden Bewegungsdrang haben, sollte immer darauf geachtet werden, dass die Übungen keine spontane Unlust hervorrufen. Wenn es für den Moment genug ist, sollte man überlegen, ob man zwischendurch nicht noch das ein oder andere Bewegungsspiel mit einbaut.
Man steht mit etwas Abstand zum anderen im Kreis (oder im Raum verteilt). Der Spielleiter beginnt zu erklären, dass man morgens schwer aus dem Bett kommt und sich deshalb wach klopfen muss, bevor man in den Tag startet. Man beginnt seine Füße zu kreisen, seine Hände, seine Schultern. Dann klopft man das Bein aufwärts wach, die Unterschenkel, die Oberschenkel – vorne, an der Seite, auch hinten. Über die Pobacken oder die Hüfte klopft man sich nach oben, den Bauch, die Brust (dabei auch mal den Mund öffnen; irgendwann hat man lauter kleine Gorillas vor sich). Auch die Arme müssen sich gegenseitig wach klopfen. Den Kopf kann man kreisen lassen und möglicherweise auch die Backen etwas wach klopfen (auch hier kann nach Belieben der Mund geöffnet und geschlossen werden). Wer unbedingt noch den Rücken wach klopfen will, kann sich in einer Gruppe zusammentun, oder ihr bildet einen Kreis, wo jeder seinen Vordermann etwas klopft. - Zum Ende der Übung sollte man den Körper noch einmal richtig ausschütteln (beispielsweise die Arme hängen lassen und diese mit dem Oberkörper in Bewegung bringen).
Eine ganz andere Übung, die weniger mit Körperwahrnehmung zu tun hat, ist der Reflektionskreis. Hier geht es primär um die Stimme und den Einsatz der Stimme – also um Ausdruck, Lautstärke und Betonung. Ihr habt doch sicher schon einmal jemandem zugehört, den ihr nicht verstanden habt, weil er womöglich eine völlig andere Sprache gesprochen hat und hattet trotzdem das Gefühl die Emotion zu erkennen, die derjenige mit seinem Gesagten vermitteln wollte, oder? Diese Übung dient dem Training des Sprechens und Spracherkennens.
Die Gruppe stellt sich in einen Kreis, der Spielleiter erklärt die Übung und kann selbst beginnen, oder ein Teilnehmer aus der Gruppe beginnt damit sich zu seinem Nachbarn umzudrehen. Der Nachbar stellt sich dem Sprecher gegenüber. Der Sprecher „wirft“ seinem Gegenüber nun ein kraftvolles, überzeugendes „ICH“ entgegen. Der Gegenüber antwortet mit einem eingeschüchterten, unterwürfigen „du“. Dann dreht der, der geantwortet hat sich ebenfalls zu seinem Nachbarn um und übernimmt nun die Rolle des Sprechers. So macht das „Ich und du“ seine Runde, bis jeder ein Mal gesprochen und ein Mal geantwortet hat.
Man kann das Gesagte auch variieren, sodass der eine „ICH bin der Chef!“ sagt und der andere ihm das mit „du hast das Sagen“ bestätigt. Wichtig ist, dass das Überlegenheits- und Unterwürfigkeitsgefühl klar und deutlich zu hören ist. Wenn dem nicht so ist, kann das „ja, ja, du hast das Sagen“ schnell ins ironische abdriften. Ihr könnt den Kreislauf auch unterbrechen und die Teilnehmer bitten das „ICH“ noch kräftiger und druckvoller, das „du“ noch kleiner und leiser zu sagen, falls es sich zu einem Einheitssprachbrei entwickelt.
Die Übung schult die Fähigkeit, bestimmte Gefühlslagen klar durch Betonung und Lautstärke auszudrücken. Wenn gewünscht können auch andere Emotionen ausgedrückt oder alles ins Gegenteil gekehrt werden, sodass einer jämmerliches „ich“ bringt und der andere mit „du“ nachfragt. Mit Hilfe von nur zwei Wörtern kann so ein ganzes Gespräch gestaltet werden.
Wenn alle Glieder wach sind, ist das die perfekte Voraussetzung für das Marionettenspiel. Diese Übung erfordert entweder einiges an Körperbewusstsein und/oder einen freien Kopf – den jüngeren Teilnehmern auf unserer Freizeit fiel diese Übung nicht schwer. Bei dieser Übung beschreibt der Spielleiter, dass jeder eine frische, neue Marionette ist, die allerdings noch schlaff an ihren Fäden hängt (nach vorne beugen, schönen Buckel machen). Dann kommen die Marionettenspieler, nehmen das Fadenkreuz in die Hand und beginnen zu spielen. Der Spielleiter entscheidet, ob man mit dem Arm oder dem Kopf beginnt. Wichtig ist, dass anfangs jeder Körperteil separat bewegt wird und die anderen Teile schlaff bleiben. Es kann immer wieder dazu gesagt werden, dass die Teilnehmer sich den Faden bildlich vorstellen sollen. Wenn die Marionette aufgerichtet ist, können Arme und Beine frei bewegt werden. Vielleicht mag der eine oder andere einen kleinen Tanz oder ähnliches aufführen.
Diese Übung kann zusätzlich, oder alternativ gewählt werden. Auch hier geht es 1 diese und weitere Spiele sind am Ende des Textes gesammelt aufgezählt und einzeln beschrieben in erster Linie um die Körperwahrnehmung. Jeder Teilnehmer bewegt sich frei im Raum (oder abgesteckten Außenbereich). Der Spielleiter erklärt, dass man zu anfangs ein kleiner und gebückter Zwerg ist. Man sitzt in der Hocke, macht sich so klein als möglich und versucht so zu laufen. Mit der Zeit wächst aber der Zwerg, wird zum Halbwüchsigen, irgendwann zum Menschen, er wächst weiter und weiter, bis er irgendwann als Riese durch die Gegend stampft. Mit diesen Worten „wachsen“ die Teilnehmer (und ihr vielleicht auch) über das Zwergendasein hinaus. Als Riese kann man die Hände in die Luft strecken, sich groß machen, auf Zehenspitzen gehen oder kräftig auf den Boden stampfen.
Neben den körperlichen Veränderungen spielen natürlich auch die Wahrnehmung und das Gefühl eine wichtige Rolle. Deshalb kann im Anschluss in die Runde gefragt werden, wie man sich denn bei den einzelnen Wachstumsstationen gefühlt hat. Gab es jemanden, der sich als Zwerg kümmerlich vor kam? War das Riesendasein besser als ein normaler Mensch zu sein?
In Gruppen zu zweit oder dritt formt jeweils ein Teilnehmer als Bildhauer den/die anderen Teilnehmer zu (einer) Statue(n), indem er Kopf, Arme, Beine und alles andere so verdreht oder neigt, bis er zufrieden ist und eine Statue vor ihm steht. Wenn nötig, oder falls gewünscht, können Vorgaben gemacht werden. Beispielsweise: Formt zwei Statuen, die im Boxkampf gegenüberstehen, formt eine Statue, die tanzt, usw.
Ziel dieser Übung ist die gelingende Partnerarbeit, also die Absprache und das Vertrauen zwischen Bildhauer und Statue. Am besten ist es, wenn der Bildhauer seiner Statue jeden Arbeitsschritt erklärt, die Statue aber keinen Ton von sich gibt. Erklärungen schaffen Vertrauen, da nicht blind an der Statue gezerrt wird, sondern jeder Schritt erklärt wird. Körperliche Grenzen beim Gestalten/Verbiegen sollte der Bildhauer möglichst frühzeitig erkennen, bevor die Statue um fällt und zerbricht. Die Statue kann lernen, in wie weit sie formbar ist.
Ich weiß nicht genau, ob diese Übung einen wirklichen Namen hat, deswegen habe ich sie einfach „PTK-fffff-sss-ohmmm“ genannt. Diese Sprachübung machen viele Schauspieler, bevor sie auf die Bühne gehen, oder auch als Aufwärmübung für die Stimme bei den Proben. Eigentlich geht das ganz einfach und kann sogar daheim geübt werden.
Man legt seine flache Hand auf den Bauch (Zwerchfellhöhe) und stößt kraftvoll ein P, T und K hintereinander aus. Dieses „PTK“ wird eine bestimmte Zeit wiederholt. Dann kann man tief Luft holen, die Oberlippe auf die untere Zahnreihe drücken und das „f“ so lange wie möglich deutlich hervorzupressen. Beim „ssss“ fährt man eine tonale Achterbahn. Mit der Stimme geht euer „s“ hoch und fährt nach unten, dann wieder hoch, usw.
Jeder Mensch hat seinen persönlichen Ton, das heißt, dass sich die Teilnehmer im Raum verstreuen können und jeder sein persönliches „ohmmm“ anstimmt. Wichtig ist, dass sich jeder traut sein eigenes „ohmmm“ zu suchen und das lange und hörbar vor sich hin summt. Die „m“s vibrieren dann in allen möglichen Tonhöhen durch den Raum. Für das „aeiouoiea“ braucht man auch viel Atemluft. Man stimmt das „aeiou“ an und hält jeden Vokal so lange aus, wie möglich. Wenn das geschafft ist, kann man das auch noch rückwärts mit „aeiouoiea“. Auch hier sollte jeder Vokal so lange ausgehalten werden, wie es möglich ist. Wenn einem sprichwörtlich die Lust wegbleibt, ist's genau richtig. Aber keine Sorge: der Atemreflex sorgt schon früh genug dafür, dass niemand vor lauter Luftnot blau anläuft und umkippt.
Mein persönlicher Favorit ist ein Roboterspiel, das ich extra für unseren Kurs abgewandelt habe. Die Teilnehmer bilden Paare: einer spielt den Roboter, der andere den (verrückten) Wissenschaftler, der den Roboter steuert. Gesteuert werden die Roboter über Klopfen auf die Schultern (90° nach links oder rechts laufen) und per Handauflegen auf den Rücken (Anhalten/Weitergehen). Die Roboter machen natürlich entsprechende steife Roboterbewegungen beim Gehen. Um dem Ganzen jetzt noch etwas Pepp zu geben habe ich die Befehle "Stromausfall" und "Kurzschluss" mit eingebaut. Beim Stromausfall verliert der Roboter seine Energie und sämtliche Elektronik fällt einfach aus, sprich, der Roboter hängt einfach schlaff vorn über, lässt die Arme baumeln und kann sich nicht mehr bewegen. Um den Roboter wieder zum Laufen zu bringen muss der Wissenschaftler die Batterie neu aufladen. Hierzu müssen die Schultern des Roboters mindestens fünf Sekunden lang massiert werden. Beim Kurzschluss spielt die Elektronik ebenfalls verrückt und der Roboter hört nicht mehr auf die Befehle des Wissenschaftlers, sondern reißt aus und läuft vor diesem davon. Der Wissenschaftler muss den Roboter jetzt wieder einfangen, oder - falls ihm dies nicht gelingt - darauf hoffen, dass bald der Befehl "Stromausfall" vom Spielleiter kommt. Manchmal habe ich die Roboter auch nach Stromausfällen einfach überladen lassen, was dazu geführt hat, dass sie sich schneller bewegt haben oder schlimmstenfalls einen Kurzschluss hatten. Als Spielleiter stehen euch viele Optionen offen das Spiel schneller und aufregender oder ruhiger und entspannter zu gestalten. Ein vorher abgestecktes Spielfeld und klare Anweisungen sind wichtig, dass niemand seinen Roboter mit voller Wucht gegen eine Wand o.ä. laufen lässt.
Die Partnerübung ist gleichzeitig auch eine Vertrauensübung, da der Roboter nur gerade aus läuft und an Hindernissen vorbei gelotst werden muss (der Roboter darf keinen Richtungswechsel selbstständig ausführen). Beim Stromausfall wird der Roboter ganz schlaff und muss massiert werden - das ist also einerseits eine Körperübung (das schlaffe vorn über hängen, zusammen mit den Roboterbewegungen beim Gehen), sowie eine Lockerung, weil man ja massiert wird, um den Akku neu auszuladen. Fehlt nur noch der Kurzschluss, bei dem der Roboter einfach abhaut. Das ist nicht mehr und nicht weniger, als viel Bewegung, es gilt dem anderen zu entkommen und sich nicht fangen zu lassen. (Auf einen Versuch solltet ihr es ankommen lassen, denn das Spiel kam auf unserer Freizeit richtig gut an!)
Autor: Stephan Noppenberger, Thüngfeld im Juni 2010
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