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Ängste/Angststörungen bei Kindern & Jugendlichen
©: Vera Kuttelvaserova - Fotolia
Warum leiden so viele Kinder – insbesondere in den reichen westlichen Ländern – unter Ängsten bzw. Angststörungen? Handelt es sich hierbei um eine Zivilisationskrankheit? Und was können Eltern tun, um ihrem Kind zu helfen?
Zunächst einmal gilt: Die Kindheit und Jugend ist eine schwierige Lebensphase, eine Phase mit ständiger Veränderung und Weiterentwicklung. Es ist ganz normal, dass während dieses Entwicklungsprozesses auch Ängste auftreten, die allerdings nach einiger Zeit in der Regel wieder von selbst verschwinden. Tun sie das nicht, können sich daraus Angststörungen oder im weiteren Verlauf sogar Phobien entwickeln.
Schulängste: Angst vor dem Versagen | ©: Zlatan Durakovic - fotolia
Zunächst einmal muss man unterscheiden zwischen Ängsten und Angststörungen. Während Ängste eine Schutzreaktion sowohl des Körpers als auch des Geistes und der Seele sind, über die jeder Mensch verfügt, sind Angststörungen sozusagen die verschärfte Form davon. Das bedeutet: Eine Angststörung beinhaltet Ängste, die über das normale Maß hinausgehen, bzw. die Menschen ohne Angststörungen gar nicht oder als wesentlich weniger bedrohlich empfinden.
Bei Kindern und Jugendlichen sind Angststörungen insbesondere im sozialen Bereich zu finden, weniger gegen spezifische Gegenstände, Situationen oder Lebewesen gerichtet. Bei sozialen Angststörungen bzw. Phobien richten sich die Ängste auf Situationen, in denen das Kind bzw. der Jugendliche mit anderen Menschen in Kontakt kommt. Dabei können sich die Ängste anhand vieler verschiedener Symptome zeigen. Hier einige Beispiele bekannter Symptome, die auf eine Angststörung im sozialen Bereich hindeuten können:
Sprachstörungen (z. B. Stottern) bei der Konversation mit anderen Menschen.
Körperliche Erscheinungen wie Erröten, Zittern, Übelkeit oder Harndrang.
Geringes Selbstbewusstsein, Unterlegenheitsgefühle.
Ausgeprägtes Vermeidungsverhalten gegenüber anderen Menschen und Situationen, evtl. gleichzeitig starkes Klammern an die Eltern oder einen Elternteil.
Ablehnung sozialer Verantwortung.
Immer wieder spricht man bei sehr stark ausgeprägten Ängsten auch von Phobien. Doch was unterscheidet eine Angststörung von einer Phobie? Die Phobie ist eine Art „Weiterentwicklung“ der Angststörung. Während letztere meist an ein reales Objekt bzw. eine konkrete Situation gebunden bleibt, erweitert sich das Spektrum bei der Phobie auf weitere Bereiche, ohne das der Betroffene dies willentlich beeinflussen kann. Dadurch entsteht ein Kreislauf unzureichender Angstabwehr, der nur schwer wieder zu stoppen ist.
Kinder und Jugendliche sind wahre Meister darin, Ängste und Angststörungen zu verbergen. Daher ist es für die Eltern nicht leicht, solche Phänomene zu erkennen. Einige der wichtigsten Symptome wurden bereits genannt. Achten Sie außerdem darauf, ob sich Ihr Kind von Familie, Freunden etc. isoliert. Auch ein Leistungsabfall in der Schule kann auf übermäßige Ängste zurückzuführen sein.
Oft geht eine Angststörung mit körperlichen Schmerzen einher, die einen chronischen Verlauf nehmen können. Sofern Ihr Kind also unter diffusen Schmerzen leidet, die keinem konkreten körperlichen oder geistig-seelischen Leiden zuzuordnen sind, könnte es sich dabei um die Begleiterscheinung einer Angststörung handeln.
Angststörungen können außerdem die Folge von körperlichen Dysfunktionen sein. So treten sie beispielsweise häufig als Folgeerscheinungen von Schilddrüsenerkrankungen auf, sowohl bei einer Schilddrüsenunterfunktion als auch bei einer Überfunktion.
Betroffen von Ängsten und Angststörungen sind oft Kinder und Jugendliche, die über kein ausgeprägtes Selbstvertrauen verfügen. Auch sind diese Kinder häufig in ihrem Kommunikationsdrang gehemmt. Versuchen Sie also, eine geeignete Gesprächsebene mit Ihrem Kind zu finden und sprechen Sie das vermutete Problem vorsichtig an. Machen Sie Ihrem Kind klar, dass Sie ihm nicht die Schuld daran geben und stets hinter ihm stehen.
Oftmals hilft auch Ablenkung bei Angststörungen. Sport hat sich diesbezüglich als sehr gutes Mittel erwiesen, denn hierbei hat der Betroffene die Möglichkeit, sich zu beweisen und Erfolge zu erzielen. Dies stärkt das Selbstbewusstsein – die stärkste Waffe gegen Angststörungen.
Als probates Mittel zur Bekämpfung übermäßiger Ängste haben sich außerdem verschiedene Entspannungstechniken bewährt – z. B. Autogenes Training, Yoga oder die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson. Vereine und Volkshochschulen können dabei helfen, geeignete Kursangebote zu finden.
Wenn Sie die Vermutung haben, dass Ihr Kind unter Angststörungen leidet, und mit Gesprächen bzw. den o. g. Tipps nicht weiterkommen, sollten Sie sich an einen Fachmann wenden. Hier einige empfehlenswerte Adressen:
http://www.angst-auskunft.de/AAA_Spezielle_Aengste/AAA_Kinderangst.htm
http://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/kinder-jugend-psychiatrie/warnzeichen/aengstlichkeit-anzeichen-fuer-behandlungsbeduerftige-aengste/aengstlichkeit-und-normgerechte-aengste/
http://www.dr-mueck.de/Wissenschaftsinfos/Kinder-Jugendpsychiatrie/HM_Kinder_Angst.htm
http://www.psychotherapiesuche.de/
http://www.psychologen-im-netz.de/
Diese Frage wurde bisher noch nicht so recht beleuchtet. Zwar kann man die Symptome für Ängste erkennen, aber was sind eigentlich die Ursachen bzw. die Auslöser für Angststörungen?
Diese Frage ist überhaupt nicht einfach zu beantworten, denn Ursachen kann es viele geben – die zum Teil schon Jahre zurück liegen können und im frühesten Kindheitsalter geprägt wurden und sich langsam entwickelt haben.
Angst vor Kritik, vor Schlägen | ©: Markus Bormann - Fotolia
Stellen wir uns vor, so ein kleines Kind wächst in einer Familiensituation auf, wo weder Vater noch Mutter wirklich Zeit und Liebe für ein Kind aufbringen. Das Kind fühlt sich vernachlässigt. Und wenn dann vielleicht eine gute Bezugsperson wegfällt, dann fühlt sich das Kind verlassen. Angst vor dem Alleinsein, vor dem Verlassen werden kann sehr groß werden.
Stellen wir uns vor, das Kind wächst in einer Situation auf, in welchem das Kind, oder ein Elternteil vom anderen Elternteil permanent kritisiert wird. Die permanente Kritik führt dazu, dass das Kind verunsichert wird, sich nichts mehr zutraut und nur noch denkt, „hoffentlich mache ich nichts falsch“. Rückzug und Kommunikationsschwierigkeiten und sehr starke Schwächegefühle und Versagensängste können hier die Folgen sein.
Stellen wir uns vor, das Kind wächst in einem gewalttätigem Elternhaus auf. Bei dem kleinsten Missgeschick gibt es eins hinter die Ohren. Auch hier entsteht die Angst Fehler zu machen, die Kritik besteht nicht nur in Worten, sondern auch in handfesten Schlägen. Es kann passieren, dass die eigene Unsicherheit und das fehlende Selbstwertgefühl später ebenfalls versucht wird durch aggressives Verhalten zu vertuschen.
Stellen wir uns vor, das Kind wächst in einem wohlbehüteten Elternhaus auf. Für das Kind tun die Eltern alles und wollen nur das Beste. Die Eltern sind immer bemüht alle Gefahren vom Kind abzuwehren. So richtig Toben darf das Kind nicht – es könnte ja was passieren. Weil die Eltern dem Kind alles abnehmen, es regelrecht verwöhnen und es vor eigenen (positiven wie negativen) Erfahrungen fern halten entwickelt das Kind eine Unselbständigkeit, was später in eine Unsicherheit und mangelndem Selbstvertrauen münden kann. Diese Verwöhnung führt zur Unselbstständigkeit und eine Angst etwas alleine zu schaffen.
Dies sind nur ein paar Beispiele, zeigen aber deutlich, dass die Ängste der Kinder nicht von ungefähr kommen. In manchen (vielen) Fällen ist es vermutlich so, dass nicht die Kinder eine Therapie machen müssten, sondern eher die Eltern. Nur so können die Eltern ihre Kinder verstehen lernen – dass sie (die Kinder) so geworden sind, wie sie (die Eltern) geworden sind. Lernen die Eltern sich selber verstehen, dann können sie auch die Kinder verstehen lernen und damit auch besser mit ihnen umgehen. Leider ist das nicht so einfach für manche Eltern verstehen zu lernen. Diese wundern sich nur, warum und wieso das Kind so ängstlich geworden ist, Schulängste bzw. Versagensängste hat. Aber genau diese Ängste sind oft von Eltern verursacht: anstatt zu loben wird kritisiert, anstatt das Kind zu ermuntern mit Freunden zu lernen, wird dem Kind bei den Hausaufgaben geholfen (und somit wieder ein Stück Selbstvertrauen geraubt). Jede Kritik am Kind verunsichert. Jede abgenommene Arbeit verhindert dem Kind selbst Fehler und Erfahrungen zu machen – ja eigene Erfolgserlebnisse verzeichnen zu können.
Im Bereich der Jugendarbeit besteht die einmalige Chance einen „angstfreien“ Raum zu schaffen, ohne Kritik, ohne Leistungsdruck, ohne Streit & Zank. Das Kind, der Jugendliche darf hier so sein wie er ist. Es darf sich ausprobieren, man darf dem Kind dem Jugendlichen ruhig was zutrauen – was es daheim vielleicht noch nie so erlebt hat. Erfolgserlebnisse schaffen, Selbstvertrauen fördern, Kritik in einer positiven lobenden Form dem Kind vermitteln.
Sicherlich werden Kinder und Jugendliche in die Jugendgruppe, oder auf das Ferienlager mitgehen, die unter Angstzuständen leiden, oder einfach sehr ängstlich und unsicher sind (aus Gründen und Erfahrungen des Kindes, die weiter oben genannt wurden). Anfangs wird es auch nicht sofort auffallen bzw. zu erkennen sein, dass ein Kind kein Selbstvertrauen hat und sich nichts zutraut.
Es sollte versucht werden das betroffene Kind bzw. den Jugendlichen bestmöglich in die Gruppe zu integrieren. Veranstalten Sie bewusst Spiele, bei denen die Stärken des Kindes bestmöglich zur Geltung kommen können, und bieten Sie ihm Hilfe dabei an, für ihn schwierige Situationen zu bewältigen.
Es gibt aber auch Spiele, wo es sogenannte Loser bzw. Verlierer gibt. Diese Spiele sollten vermieden werden, denn als Verlierer will ja niemand gerade da stehen – ganz besonders nicht diejenigen, die von Haus aus schon seit Jahren nur Kritik erlebt haben und sich als Versager fühlen. Als Jugendleiter(in) muss man hier Fingerspitzengefühl haben bei der Auswahl der richtigen Spiele.
Versuchen Sie die Stärken des Kindes zu fördern um die Schwächen zu relativieren, so dass das Kind mit der Zeit so viel Selbstvertrauen gewinnt, dass auch die Ängste über die eigenen (angeblichen) Schwächen (die ja oft gar nicht da sind – sondern nur von anderen herbeigeredet wurden) überwunden werden können.
Ich habe schon erlebt, dass das Übertragen von kleinen Aufgaben und Ämtern auf dem Zeltlager dem ein oder anderen ganz gut getan hat. Überhaupt die ganze Situation auf einem Ferienlager kann dazu führen, dass die Kids Selbstständigkeit lernen und an Selbstvertrauen gewinnen. Einen Felsen hochklettern, oder an einem 30 Meter Felsen abzuseilen, oder einen Brückensprung zu wagen sind Dinge, die dem ein oder anderen bisher noch nie zugetraut wurden.
Ich habe schon viele Jugendliche über Jahre hinweg erlebt, die regelrecht aufgeblüht sind. Anfangs noch schüchtern und ängstlich (zum Beispiel bei Nachtwanderungen, oder Nachtgeländespielen) sind sie mit der Zeit immer selbstsicherer geworden und heute, nach vielen vielen Jahren noch dankbar sind für diese schöne Zeit, wo sie so viel haben lernen können und bestärkt wurden.
Sehr schnell neigen Jugendleiter(innen) dazu, den ein oder anderen Jugendlichen als „Angsthasen“ abzustempeln. Das ist unprofessionell und zeugt von keinem guten Gespür für das Kind/Jugendlichen. Denn jede Angst hat seine Ursachen und Gründe. Diese gilt es zu erforschen und herauszufinden. Nur dann kann dem Kind/dem Jugendlichen geholfen werden. Hier hat jeder Jugendleiter eine große Verantwortung das Kind zu stützen, Mut zu machen und zu fördern – einfach einen angstfreien Raum zu schaffen und so viel wie möglich Bestärkung dem Kind zum Vertrauen in sich selbst zu vermitteln.
Angst vor Versagen | ©: XtravaganT - Fotolia
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