Quelle: www.Praxis-Jugendarbeit.de | 3000 Spiele, Andachten, Themen und Ideen für die Kinder- und Jugendarbeit
nur für den privaten Gebrauch | Eine Veröffentlichung - egal wo - ist ohne Zustimmung nicht erlaubt.
Lernen wir für die Schule oder doch fürs Leben?
©: drubig-photo - Fotolia.com
Der Satz des Pythagoras, expressionistische Gedichte oder Shakespeare als englische Pflichtlektüre – der Schulunterricht ist voll von Themen, für die sich nicht jeder Schüler begeistern kann. Oft liegt das daran, dass den Kindern und Jugendlichen der konkrete Alltagsbezug zum Erlernten fehlt. Warum Formeln pauken, Aufsätze schreiben oder Vokabeln lernen? Weil all diese Dinge eben doch wichtig sind und junge Heranwachsende auf das spätere Leben vorbereiten. Eltern und Jugendarbeiter, die Kinder und Jugendliche für den schulischen Lernstoff begeistern möchten, sollten also nie den konkreten Bezug zur Realität vergessen. Selbst der größte Lernmuffel kann Spaß an einem einst ungeliebten Unterrichtsfach entwickeln, wenn er versteht, warum er dieses und jenes lernen und verstehen muss.
„Nicht für das Leben, sondern für die Schule lernen wir“ – Diesen berühmten Satz stammt von dem römischen Philosophen Seneca, welcher 62 nach Christus Kritik an den römischen Philosophenschulen übte. Es scheint, als sei diese Kritik bis heute nicht verstummt, wie das folgende Beispiel aufzeigt.
Anfang des Jahres ging ein empörter Aufschrei durch die Medien. Grund war der Tweet einer 17-jährigen Schülerin aus Köln. Sie schrieb: „Ich bin fast 18 und habe keine Ahnung von Miete, Steuern oder Versicherungen. Aber ich kann ´ne Gedichtsanalyse schreiben. In 4 Sprachen.“ Wie ihr scheint es vielen Jugendlichen zu gehen. Sie haben das Gefühl, der Schulunterricht würde sie nicht ausreichend auf das Leben vorbereiten und ihnen nicht die Kenntnisse und Fähigkeiten vermitteln, die sie brauchen, um sich später im Alltag zurechtzufinden. Vielmehr verlören sich die Lehrer nicht selten zu sehr im Detail und vermittelten Wissen, welches zum einen niemals wieder gebraucht werde, zum anderen jedoch sowieso spätestens nach der Klassenarbeit wieder vergessen ist. Die Meinungen, ob dem so ist, gehen auseinander. So sagt beispielsweise Hartmut Riggers, stellvertretender Schulleiter eines Gymnasiums gegenüber dem Weser-Kurier, dass Schüler während ihrer Schullaufbahn mit einem Grundstock an Finanz-Wissen ausgestattet werden müssten, was aktuell noch nicht der Fall ist. Andrea Spude, Vorstandssprecherin des zentralen Elternbeirates (ZEB) hingegen meint, dass es in der Verantwortung der Eltern liege, Kinder und Jugendliche auf das Leben vorzubereiten und der Schule lediglich eine unterstützende Funktion zukommt.
Lernen Kinder und Jugendliche wirklich nur für die Schule oder bekommen sie dort vielleicht auch ganz unbewusst Kompetenzen vermittelt, die für ihr späteres Leben von essentieller Bedeutung sind?
Durch die Interaktion mit anderen Schülern lernen Kinder und Jugendliche
soziale Kompetenz
©: klickerminth - Fotolia.com
Zum einen vermittelt die Schule wichtige soziale Kompetenzen, wie Respekt, Toleranz, aber auch so scheinbar banale Dinge, wie Pünktlichkeit. Genau diese Dinge sind es aber, die für Kinder und Jugendliche wichtig sind und auch im Erwachsenenleben keineswegs an Bedeutung einbüßen.
Weiterhin lehrt die Schule, wie Kinder und Jugendliche an Informationen kommen. Die Schule kann nicht alle Fragen des Lebens klären, sie kann den Schülern jedoch die Werkzeuge mitgeben, die sie brauchen, um sich die Antworten selbst zu suchen. So sei in Hinblick auf die Kritik der 17-jährigen Schülerin gesagt, dass sie in der Schule zwar nichts über Mitkautionen und Wohnungsübergabeprotokolle lernt, sie aber offensichtlich internetaffin ist und diese Begriffe ganz einfach googeln kann, sollte die erste eigene Wohnung zum Thema werden.
Zugegeben, mit den bisher genannten Argumenten lassen sich wohl die wenigsten Kinder und Jugendliche von dem Nutzen des schulischen Lernstoffes überzeugen. Da braucht es schon handfestere und vor allem praxisbezogenere Argumente. Vor allem in der Pubertät können Jugendliche der Schule oft nicht viel abgewinnen, sind unmotiviert und verweigern das Lernen. Oft bezieht sich diese Unlust nur auf ein bestimmtes Fach, manchmal aber auch auf das gesamte System Schule an sich. Was können Eltern und auch Jugendarbeiter also tun, um den Kindern und Jugendlichen den praktischen Nutzen, den viele Fächer für den Alltag bieten, näherzubringen?
Sind Kinder und Jugendliche während des Unterrichts oder beim Erledigen Hausaufgaben und beim Lernen zuhause unmotiviert, fehlt ihnen oft nur der konkrete Bezug des Lehrstoffes zu ihrem Alltag. Wer Kindern und Jugendlichen vermitteln kann, wofür sie bestimmte Dinge lernen müssen und welchen Nutzen sie jetzt oder im späteren Leben davon haben, wird sie eher erreichen, als jemand, der sich fernab des Alltags in zu vielen Details verliert.
Mathematik gehört zu den Fächern, die vielen Schülern am schwersten fallen. Während Kinder in der Grundschule noch gern addieren, subtrahieren, multiplizieren und dividieren, nimmt das Interesse an diesem Fach ab, je komplizierter die Gleichungen und Formeln werden. Die Grundrechenarten, der Dreisatz und das Bruch- sowie Prozentrechnen sind für den späteren Alltag essentiell, das verstehen die meisten Schüler noch, doch wie ist es mit Geometrie, Stochastik oder der Berechnung von Ebenen? All diese Dinge scheinen keinen konkreten Nutzen für das alltägliche Leben zu haben. Dabei begegnet uns Mathematik jeden Tag in ganz unterschiedlichen Situationen. Dieser Ansicht ist auch der Mathematiker Dr. Norbert Herrmann. Kürzlich trat der Experte bei TV Total auf und erklärte Stefan Raab und den Zuschauern, wie Mathematik im Alltag angewendet werden kann. Dabei amüsierte und informierte er die Zuschauer, zum Beispiel mit seiner Formel für dicke Radfahrer, die der Frage auf den Grund geht, warum der schwerste Radfahrer bergab immer der schnellste ist. Genau solche, gerne auch amüsante, Praxisbeispiele sollten auch Lehrer, Eltern sowie Jugendbetreuer anwenden, um Kinder und Jugendliche für das Fach Mathematik zu begeistern. Die Wenigsten haben Freude daran, eine trockene Formel nach der anderen zu lernen, wird ihnen aber ein konkreter Nutzen des Wissens aufgezeigt, ist die Neugierde geweckt und das Lernen macht sogar Spaß.
Gedichtanlayse, Literatur der Romantik oder das Plusquamperfekt – der Deutschunterricht hat einiges zu bieten und eben auch vieles, für das sich manche Schüler weniger begeistern können. Dabei ist gerade das Fach Deutsch für das spätere Leben enorm wichtig. Nur, wer sich vernünftig ausdrücken kann, die deutsch Sprache und Grammatik beherrscht und etwas von Rechtschreibung versteht, wird später auf dem Arbeitsmarkt Chancen auf eine gute Arbeitsstelle haben. Das fängt schon beim Bewerbungsschreiben an. Der Deutschunterricht vermittelt den Schülern Grammatik, Rechtschreibung, aber hilft ihnen auch, ihren eigenen Sprach- und Schreibstil zu finden.
Das Beherrschen der deutschen Sprache, Rechtschreibung und Grammatik
ist bei der Jobsuche enorm wichtig
©: Photographee.eu - Fotolia.com
Englisch ist die Sprache eines Großteils der internationalen Organisationen, wird in einer Vielzahl verschiedener Länder gesprochen und ist an den meisten Schulen die erste Fremdsprache. Gute Englischkenntnisse werden heute von den meisten Arbeitgebern vorausgesetzt. In Zeiten der Globalisierung und der weltweiten Vernetzung haben zahlreiche Unternehmen Geschäftsbeziehungen ins Ausland und benötigen deshalb Mitarbeiter, die der englischen Sprache mächtig sind. Doch auch im privaten Bereich sind gute Englischkenntnisse von Vorteil, sei es bei Reisen ins Ausland oder auch, wenn die Lieblingsserie lieber im Original, anstatt mit deutscher Synchronisation, geschaut wird. Der Nutzen der englischen Sprache sollte Kindern und Jugendlichen früh mit auf den Weg gegeben werden und auch der Fakt, dass sie eine Fremdsprache nie wieder so schnell und leicht lernen werden, wie in jungen Jahren.
Die Fächer Politik und Wirtschaft, die an vielen Schulen zu einem Fach zusammengefasst sind, bieten den wohl größten Alltagsbezug. Aktuelle politische Themen sowie wirtschaftliches Grundwissen wird vermittelt, auf welches Schüler im späteren Leben zurückgreifen können. Zu verstehen, was eine Demokratie ist und welche anderen politischen Systeme es sonst noch gibt oder auch zu lernen, von welchen Faktoren die Wirtschaft abhängt, gehört zur Allgemeinbildung und hilft den Schülern die komplexen Zusammenhänge der Wirtschaft und der Politik zu verstehen. Spätestens, wenn junge Erwachsene das Wahlrecht erlangen, ist es entscheidend, dass sie sich mit diesen Themenfeldern beschäftigt haben.
Eltern oder Jugendarbeiter können bei Kindern und Jugendlichen
das Interesse für den Schulstoff wecken
©: Dan Race - Fotolia.com
Natürlich wird es im Schulunterricht immer Themen geben, für die sich nicht jeder Schüler begeistern kann. Es wird auch immer Lehrer geben, die bestimmte Themengebiete gerne bis ins kleinste Detail ausschlachten, dabei aber nicht einen einzigen konkreten Bezug zur Alltagsrealität schaffen. In diesem Fall ist es die Aufgabe von Eltern und Jugendarbeitern, dort anzusetzen und den Kindern und Jugendlichen zu erklären, warum sie eben doch nicht nur für die Schule, sondern auch für das spätere Leben lernen.
März 2015
Weitere Meldungen und Artikel für Jugendleiter in der Jugendarbeit zu...
[ © www.praxis-jugendarbeit.de | 3000 Spiele, Bastelideen, Quizfragen für Partyspiele, Kindergeburtstag, Freizeiten, Gruppenstunde, Spielstrassen, Kinderfest etc. ]