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Sie ist in den meisten Fällen der zeitweilige Höhepunkt einer Angststörung, die Panikattacke. Obwohl in den Medien der Begriff Panik gerne für dramatische Szenen mit flüchtenden Menschenmassen verwendet wird, geschieht in den weitaus meisten Fällen während einer Panikattacke das genaue Gegenteil. Die betroffenen Menschen sind oft starr vor Angst. Natürlich eignet sich ein normaler, vielleicht eher kleiner Raum, ein Balkon im zweiten Stock, ein Flugzeug oder eine Spinne eher weniger für Panik à la Hollywood. Aber diese vier Dinge können Panikattacken auslösen. Sie stehen symbolisch für die häufigsten Angststörungen:
Panikattacken | ©: Gerd Altmann from Pixabay
Zwischen 15 und 20 % der Bevölkerung in Deutschland leidet an einer dieser Angststörungen, die in bestimmten Situationen Panikattacken auslösen. Auch wenn es für die Betroffenen kein Trost ist, sie wissen, wovor sie Angst haben und es gibt Therapien dagegen. Es gibt aber auch scheinbar völlig unbegründete Panikattacken, von denen sehr häufig Kinder und Jugendliche betroffen sind. Aus dem Nichts heraus treten Symptome wie Herzrasen, Schweißausbrüche, Zittern, Hitzewallungen, Schwindel, Übelkeit, Brust- und Halsverengungen und sogar Ohnmacht auf.
Wenn Kinder und Jugendliche unter augenscheinlich unbegründeten Panikattacken leiden, verheimlichen sie dies sehr oft. Die Dunkelziffer dürfte weit über dem liegen, was an Panikattacken bei Kindern und Jugendlichen bekannt ist. Laut dem Statistischen Bundesamt sind psychische Störungen die häufigste Ursache für stationäre Behandlungen bei jungen Menschen, noch vor den Depressionen.
Angstattacken | ©: Lothar Dieterich from Pixabay
Dass gerade Kinder und Jugendliche nicht über die Panikattacken reden, die sie quälen, liegt am gesellschaftlichen und sozialen Umfeld. Zum einen wird gerade in Deutschland Rationalität als ein hoher Wert angesehen. Doch Panikattacken sind nicht rational erklärbar. Selbst die, die häufig vorkommen und längst psychiatrisch bewiesen sind, wie eben die Panikattacke aus einer Klaustrophobie heraus. Bei Panikattacken ohne den Hintergrund einer bekannten Angststörung ist es für die betroffenen Kinder und Jugendlichen noch weitaus schwerer. Hier kommt die Angst hinzu, nicht für voll genommen zu werden. Es ist der zweite wichtige Faktor in der Gesellschaft, der verhindert, dass Kinder und Jugendliche bei Panikattacken Hilfe suchen, die Funktionalität der Person.
Der Kinderpsychiater und ehemalige ärztliche Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie an den Universitätskliniken in Hamburg-Eppendorf, Michael Schulte-Markwort, berichtet in einem Interview, dass er häufig Lehrern begegnet, die bei ihren SchülerInnen Ängste schüren, indem sie ihnen erklären, dass sie ohne gute Leistungen im Abitur im späteren Leben versagen werden. Tatsächlich wird in der Deutschen Pädagogik die Fehlerquote eines oder einer Schülerin in den Fokus gerückt und nicht die guten Leistungen. Dazu trägt auch das Benotungssystem bei. Es ist ersichtlich, dass dies zur Demotivation von Kindern und Jugendlichen führt.
Hinzu kommt der Druck der Gesellschaft. Die Anforderungen werden immer höher, schon für kleinere Kinder ergibt sich ein sehr komplexes Bild einer Informationsgesellschaft, die nicht wenige schlicht überfordert. Wobei betont werden muss, dass diese Überforderung völlig unnötig ist, weil sie letztlich für die Entwicklung des Kindes keine Relevanz besitzt, eher im Gegenteil. Eine Flut von Halbwissen und auch Desinformation stürzt auf Kinder und Jugendliche ein, denen es natürlich an Erfahrung fehlt, das wirklich wichtige herauszufiltern. So entsteht ein Zerrbild der Realität, was sogar Erwachsene häufig genug dazu bringt, in Angst zu verfallen.
In Panik verfallen | ©: Dmitry Abramov from Pixabay
Auch wenn rund 80 % aller Kinder und Jugendlichen soweit resilient und widerstandsfähig genug sind, daraus keine Symptome wie Panikattacken zu entwickeln, bleiben immer noch 20 %, die das nicht schaffen. Das sind rund 3 Millionen Kinder und Jugendliche allein in Deutschland. Viele davon stehen weitgehend allein da und das staatliche Gesundheitssystem ist in dieser Beziehung völlig überfordert.
Der Weg hin zu Panikattacken ist unterschiedlich. Meist ist es eine Kettenreaktion aus gesellschaftlichen sowie schulischen Überforderungen und daraus resultierenden Selbstheilungsversuchen mittels unterdrückter Gefühle, aber auch durch den Einsatz von Drogen, etwa Alkohol, das billigste und nach wie vor für Kinder und Jugendliche leicht zu erreichende Rauschmittel. Nicht selten verschiebt sich so der Krankheitsschwerpunkt weg von der wirklichen Ursache hin zur Heilung der Drogensucht. Dabei zieht sich von Anfang an ein roter Faden durch die Leidensgeschichte bis zur ersten Panikattacke, das negative Denken.
Der Therapeut und Autor Klaus Bernhardt widmete ein ganzes Buch dem Thema Panikattacken und schrieb darin, Zitat: „Regelmäßiges sorgenvolles Denken, gepaart mit negativen Emotionen, verändert nachweislich die Strukturen unseres Gehirns“ Dieses negative Denken manifestiert sich im Gehirn als synaptische Verbindungen. Auf diese Weise entsteht ein Teufelskreis. Es wird beständig daran gedacht, wann die nächste Panikattacke kommt und löst sie genau damit aus.
Wie bereits erwähnt, gehen die meisten von Panikattacken betroffenen Kinder und Jugendlichen damit kaum haussieren. Schon gar nicht im Kreis einer Gruppe, weil Ressentiments befürchtet werden, leider mit Recht.
Es kann aber von den JugendleiterInnen als Thema angeschnitten werden. Dabei kann auch zur Sprache gebracht werden, wie sich negatives Denken quasi umkehren lässt. Der Biochemiker und Neurowissenschaftler Henning Beck hat hierzu ein paar Tipps auf Lager.
Stressreaktionen des Körpers nicht als Schwäche deuten, sondern als notwendige Vorbereitung auf eine kommende Situation. So sind Panikattacken häufig vor Prüfungen festzustellen. Sie beginnen mit Stressreaktionen wie Schwitzen. Der oder die Betroffene muss sich nun selber sagen, dass dies zur Vorbereitung auf die Prüfung gehört. Die Nervosität gehört dazu, um eine gute Leistung zu erbringen.
Panikattacken werden mitunter aufgrund vergangener, traumatischer Erlebnisse ausgelöst. Hier hilft es, bewusst das Erlebnis aufzuarbeiten und nicht es zu verdrängen. Mit der gedanklichen Vorstellung davon, jedes Mal, wenn sich eine Panikattacke aufbaut, entsteht eine geistige Distanz zu dem Vorgang. Wichtig hierbei ist, den Vorgang als abgeschlossen zu betrachten und ihn als Ausgangspunkt für eine Verbesserung anzusehen.
Menschen mit Panikattacken leben nicht nur in einer Art geistigem Korsett, sondern oft auch in einem von dauernder, sich wiederholenden Routine geprägtem Umfeld. Das fördert das ewige Grübeln, die negativen Gedanken. Hier hilft Abwechselung. Einfach neue Dinge wagen, Neues erleben und damit einen neuen Denkrhythmus erschaffen.
Sicher hört sich das auf dem Papier leichter an, als es in der Realität ist. Nach wie vor ist der beste Weg hinaus aus dem Teufelskreis der Panikattacken zunächst das Gespräch mit einer Vertrauensperson. Sich mitzuteilen bedeutet zugleich, ein bisschen von der Last abzugeben.
Wie kommt es zu psychischen Problemen bei Kindern und Jugendlichen und wie kann man die psychische Gesundheit stärken? Der Artikel gibt ein paar Tipps.
Bei Kindern und Jugendlichen sind Angststörungen insbesondere im sozialen Bereich zu finden, weniger gegen spezifische Gegenstände, Situationen oder Lebewesen gerichtet. Bei sozialen Angststörungen bzw. Phobien richten sich die Ängste auf Situationen, in denen das Kind bzw. der Jugendliche mit anderen Menschen in Kontakt kommt.
Die mit Abstand wirkungsvollste Kraft in der pädagogischen und psychologischen Arbeit ist die der Ermutigung. Es ist eine Kraft um Menschen zu proaktiven und positiven Veränderungen im eigenen Denken, Fühlen und Erleben zu bewegen. Es ist nicht nur die Hauptaufgabe von Pädagogen und Psychologen, sondern auch vor allem von den Eltern.
Immer wieder kommen Kinder und Jugendliche in die Jugendgruppen, die ängstlich sind und sich weniger wie andere zutrauen. Um solche Kinder verstehen zu lernen ist es wichtig zu wissen woher Ängste kommen können. Leichtsinnig und fahrlässig wäre es, wenn man diese Kinder als Angsthasen bezeichnet bzw. zwingt Dinge zu tun, vor denen sie Angst haben ohne genau die Dimension der Ängste zu ergründen.
Man zählt die Sozialphobie zu den klassischen Angststörungen und klassifiziert damit ausgeprägte Ängste davor, in sozialen Situationen im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen. Vor allem die Angst vor einem peinlichen oder beschämendem Verhalten charakterisieren diese Phobie. Das Ganze zeigt sich in der Praxis, indem Menschen mit einer sozialen Phobie nahezu jegliche Art von gesellschaftlichen Zusammenkünften meiden, da sie Angst davor haben, auf Ablehnung zu stoßen und/oder die Anforderungen und Erwartungen der anderen Menschen nicht erfüllen zu können.
Versuche mit Deiner Gruppe über das Thema zu reden.
Hast Du schon mal eine Paniksituation erlebt? (z.B. Höhenangst, Platzangst)
In welchen Situationen würdest Du in Panik verfallen? Und warum?
Vor welchen Situationen hast Du panische Angst?
Wie reagieren panische Menschen? Gäbe es bessere (besonnenere) Reaktionen?
Meinst Du, dass man in einer „Paniksituation“ mit Ruhe, Gelassenheit und Besonnenheit reagieren kann? Oder ist das Gehirn „ausgeschalten zum Denken“?
Angst vor der Dunkelheit, Angst vor Spinnen, Angst vor Gewitter: warum fallen da einige in Panik, andere lässt das völlig kalt? Wie erklärst Du Dir das?
In einem Gespräch über das Thema und dem Zusammentragen von panischen Situationen fällt es den Kindern und Jugendlichen leichter darüber zu sprechen. Und vielleicht verliert man die ein oder andere Angst vor „panischen“ Situationen – weil es gar keinen Grund zur Panik gibt. Oder noch besser: man verurteilt Gruppenmitglieder nicht, die in der ein oder anderen Situation Panik haben, man selbst aber nicht. Und dem ein oder anderen Jugendlichen fällt es dann leichter zu sagen an einer Klettertour (Höhenangst), oder eine Höhlenbegehung (Platzangst) nicht teilzunehmen, bzw. der Jugendleiter kann das dann auch besser berücksichtigen.
Juli 2023
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