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Wie eine Elternbefragung der Bertelsmann-Stiftung ergab, werden in Deutschland etwa 1,2 Millionen Schüler zwischen sechs und 16 Jahren in den Nachhilfeunterricht geschickt. Und das, obwohl sie teilweise sogar gute oder zumindest befriedigende Noten nach Hause bringen. Klaus Klemm, der Autor dieser Studie, sieht den eindeutigen Trend, dass durch den Nachhilfeunterricht nicht nur schulisches Scheitern abgewendet werden soll. Vielmehr wollen viele Eltern ihren Kindern den Übertritt in eine weiterführende Schule erleichtern, um später gute Chancen für einen Ausbildungs- oder Studienplatz zu erhalten.
Ob die Kinder zur Nachhilfe geschickt werden, ist unabhängig vom Einkommen der Eltern, wie die Studie weiter aufzeigt. So ist der Anteil der Nachhilfeschüler, die aus Haushalten mit einem Einkommen von 3.000 Euro oder mehr stammen nahezu so groß wie der Anteil von Schülern mit einem niedrigeren Haushaltseinkommen.
Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt eine Forsa-Studie aus dem Jahr 2015. Der Grund für die massive Nachhilfe besteht laut der Studien darin, dass etwa 25 Prozent aller Elternteile glauben, dass die Schüler in den Schulen grundsätzlich zu wenig gefördert werden. Diesem Befund steht die Bertelsmann-Stiftung jedoch kritisch gegenüber. Denn Nachhilfe dürfe generell ein Ersatz für die individuelle Förderung im Rahmen des Schulunterrichts darstellen, so die Experten.
Von den zahlreichen zusätzlichen Schulstunden am Nachmittag profitieren die Schüler nach Expertenmeinung nämlich nur bedingt. Neben Vokabeln und Formeln lernen sie schließlich in erster Linie eines: Es reicht nicht aus, nur gut zu sein. Die Schüler müssen stets sehr gut sein und brauchen Hilfe, wenn sie es einmal nicht sind.
Weitere Studien, die sich ebenfalls mit dem Thema beschäftigen, sehen eine große Gefahr, dass dadurch gerade drei- bis 17jährige im Lauf ihres Lebens psychische Auffälligkeiten entwickeln. Als Problem sieht etwa der Kinder- und Jugendpsychologe Michael Schulte-Markwort die Gefahr, dass die Kinder mit dem permanenten Gefühl aufwachsen, immer noch besser sein zu müssen. Dadurch wiederum wird die Angst davor befördert, dass die Kinder sich einfach in Ruhe ausprobieren und Fehler machen, aus welchen sie lernen können.
Die Kinder machen also nicht die Lernerfahrung, was sie nächstes Mal besser machen können oder entwickeln nicht die Einsicht, dass sie in manchen Bereichen eben weniger gut sein können. Der Kinder- und Jugendpsychologe empfiehlt den Eltern deshalb, statt ständig Leistung einzufordern, mit einem guten und entspannten Vorbild voranzugehen. Dazu gehört es auch, die Kinder nicht in den Nachhilfeunterricht zu schicken, wenn das nicht unbedingt erforderlich ist.
An anderer Stelle habe ich es schon einmal erwähnt. In der Jugendarbeit besteht die tolle Möglichkeit keinen Leistungsdruck aufzubauen, sondern andere Gaben & Fähigkeiten zu fördern, als nur Leitung, Leistung, Leistung zu hören und bei fehlender Leistung dann die entsprechende Nörgelei und Kritik über sich ergehen lassen zu müssen.
Dieser permanente Leistungsdruck nagt am Selbstwertgefühl und an der Selbstsicherheit, gerade, wenn es mal nicht so gut läuft.
Im schlimmsten Fall wird der Jugendliche aufgeben und womöglich eine komplette Lern- und Schulverweigerung an den Tag legen. Die Folgen sind dann wie oben bereits erwähnt psychische Probleme wie Depressionen und Rückzug aus dem sozialen Umfeld.
Ich kenne Eltern, die ganz bewusst gesagt haben: „mein Kind geht in den Sportverein, in die Jugendgruppe, auch wenn es eigentlich noch für die Schule lernen müsste“, weil das Kind einfach dieses Ausgleich benötigt hatte. Denn in der Jugendgruppe lernt man den sozialen Umgang miteinander, übernimmt Verantwortung, hat einen Ausgleich – erlebt Bestätigung an anderer Stelle, was vielleicht in der Schule ausgeblieben ist, aber letztendlich wichtig ist, um auch wieder Mut für die Schule und Freude am Lernen zu gewinnen. Es ist eine win-win Situation.
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